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Ausstellung mit "Fee Annabell", "Graf Finster" & Co

Marc und Otto Wilhelm Rehne vom Figurentheater Wassertrüdingen

Eigentlich sind die Handpuppen des Figurentheaters Wassertrüdingen immer im Einsatz. Aber wegen der Corona-Maßnahmen hat die Puppenspieler-Familie Rehne seit mehr als einem Jahr keine Auftrittsmöglichkeiten. Die Stadt- und Schulbücherei hat jetzt die  „beschäftigungslosen“ Handpuppen bis zum 17. April 2021 für eine stimmungsvolle Ausstellung ausgeliehen. Gemeinsam mit Kasperl und seinen Bühnengefährten sind auch einige besonders schöne Bühnenbilder sowie weitere Requisiten zu sehen. Vielleicht kann die Ausstellung ja ein wenig Vorfreude auf künftige Puppenspieler-Ausführungen vermitteln.

Marc Rehne leitet seit 10 Jahren das von Heli und Günter Keilholz gegründete Wassertrüdinger Figurentheater. Er kommt selbst aus einer Puppenspieler-Dynastie, die seit vier Generationen mit einer Tourneebühne deutschlandweit unterwegs ist, um Kinder und Erwachsene mit den Erlebnissen seiner holzköpfigen Charaktere zu verzaubern, aber auch zum Lachen zu bringen. Der junge Theaterleiter managt gemeinsam mit seiner Familie eigentlich rund 190 Aufführungen im Jahr, etwa 20 davon im eigenen Theater in Wassertrüdingen, viele in der Region, aber es wird auch immer wieder eine größere Tournee geplant.

Derzeit übt der gelernte Event-Manager Marc Rehne einen anderen Beruf aus, kann aber das Puppenspielen nicht ganz lassen: So probt er derzeit für seine YouTube-Aufführungen und lässt bei kleinen Theaterstücken seine Puppen zumindest auf dem Kanal des Wassertrüdinger Figurentheaters auftreten.

Bei der Ausstellung in der Bücherei kommt auch ein Stück weit die Familiengeschichte, der aus der Nähe von Husum stammenden Puppenspieler zum Tragen. So gehören Kasperl und Großmutter zu einem sogenannten „Erstsatz“ von sechs Figuren, die der Theatergründer Rehne im Jahr 1876 geschnitzt hat. Kasperl, Seppl, Großmutter, König, Hexe und Prinz gehören dazu und mit dieser ausgewogenen Besetzung aus wagemutigen Typen, harmlosen Opfern und Bösewichten lassen sich allerhand Kasperlabenteuer auf die Puppenbühne bringen. Der König aus dieser Riege wurde übrigens irgendwann einmal mit zerrupftem Bart ausgestattet, der Krone beraubt und in einen Räuber umgewandelt. Von Marc Rehe gefertigt ist der Drache als Stabfigur mit einer besonderen Mechanik für das unglaublich große Drachenmaul. Sein Sohn Marlon könnte einmal in seine Fußstapfen treten. Er hat sich schon als Sechsjähriger eine Eichhörnchen-Puppe genäht.

Doch nicht alle Puppen sind selbst geschnitzt. Viele stammen von namhaften Puppenschnitzern wie die Handpuppen zum Märchenstück „Hänsel und Gretel“. Sie stammen aus dem Atelier Til de Kock (1915-2003), der es mit den rund 30 000 von ihm geschnitzten Figuren auf die Puppentheater der Welt geschafft hat. Bekannt ist auch seine Interpretation der Hotzenplotz-Figur, die ebenfalls in der Stadt- und Schulbücherei zu sehen ist. Einen guten Namen haben auch die Handspielpuppen aus dem Atelier Berger wie die „Fee Annabell“ oder der „Graf Finster“.

Gezeigt werden in der Bücherei auch Bühnenbilder. Otto Wilhelm Rehne, der Senior des Figurentheaters Wassertrüdingen, hat einen Zauberwald aus Holz gefertigt, Christin Rehne malte den Wald für ein Umweltstück. Ein viel genutztes Märchen-Bühnenbild zu „Hänsel und Gretel“ hat der Maler Michael Kropf entworfen. Bühnenbilder für Tournee-Puppentheater sind übrigens in der Regel auf der Vorder- wie auf der Rückseite bemalt.

Eine gute Ergänzung der Ausstellung sind die fünf Schautafeln aus dem Stadtarchiv Gunzenhausen mit historischen Annoncen und anderen Archivalien zum Thema „Kasperltheater“. Puppenbühnen gehörten in früheren Zeiten nicht nur zu den fest gebuchten Unterhaltungsgeschäften bei der Kirchweih, auch auf Jahrmärkten waren Puppenspieler vertreten. So hat sich beispielsweise Peter Schmidt 1911 für die Kirchweih mit Theater, Abnormitäten-Ausstellung und Affenhaus beworben.

Oft zu Gast war auch die in der Region bekannte Puppenspieler-Familie Nenninger. Über Generationen hinweg unterhielten sie das Gunzenhäuser Publikum mit Kinderstücken wie „Drei Kasperl auf Reisen“, aber auch mit Aufführungen für Erwachsene. So standen 1929 „Der Raubritter Eppelein von Gailingen“ oder „Der bairische Hiasl“ auf dem Programm. Eben jene Familie Nenninger war auch bei der „Friedenskirchweih“ 1946 dabei.

Doch nicht nur auf dem Schießwasen gab es in früheren Zeiten Auftrittsmöglichkeiten. Im Saal des Fränkischen Hofs wurde im Jahr 1833  - so beweist die älteste von Stadtarchivar Mühlhäußer gezeigte Annonce – ein Marionettentheaterstück aufgeführt „Doktor Fausts Höllenfahrt“. Interessant auch die damaligen Eintrittspreise: 30 Pfennig für den ersten Platz, der Stehplatz war für 10 Pfennig zu haben.

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