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Fünfzehn mal „Daumen hoch“ für die Neuerscheinungen des Bücherherbstes

Eine besonders muntere Buchvorstellungs-Runde gab es beim Literaturcafé in der Stadt- und Schulbücherei. Die meisten Testleserinnen konnten ihre Romane wärmstens empfehlen, doch eine war mit dem von ihr gewählten Titel nicht so ganz einverstanden und so gab es auch einen kurzweiligen Verriss von Christine Höller zu hören. Insgesamt elf Teilnehmerinnen, die sich auf dem Podium abwechselten, nahmen ihre Favoriten unter die Lupe und sorgten für einen originellen Blick auf 16 Neuerscheinungen des Bücherherbstes.

Zu Beginn waren gleich zwei Titel mit einem Schauplatz in der Ukraine vertreten. Marion Hinderer stellte mit „Denk ich an Kiew“ von Erin Litteken einen Roman vor, der die große Hungersnot in der Ukraine in den 1930er Jahren thematisiert. Nach der Machtübernahme durch die Bolschewiken sollte die ukrainische Landbevölkerung ihre eigenen Höfe aufgeben und in großen Kolchosen arbeiten. Wer auf dem eigenen Hof – und sei er noch so klein – gewirtschaftet hatte, wurde als „Kulak“, also als „Großgrundbesitzer“ gebrandmarkt, Getreide und andere Lebensmittel beschlagnahmt. Die Amerikanerin Litteken hat eine Rahmenhandlung konstruiert, in der die Enkelin das Tagebuch ihrer Großmutter entdeckt und zum ersten Mal etwas von ihrer Herkunft und dem Aufwachsen ihrer Großmutter in einem Dorf nahe Kiew erfährt.

Der ukrainische Schriftsteller Andrej Kurkow ist als Putin-Kritiker in den Medien sehr präsent. Hartmut Röhl betrachtet dessen neuen Roman „Samson und Nadjeschda“ als stillen Krimi, der in die Bürgerkriegswirren der Revolution im Jahr 1919 führt.

In die Welt der österreichischen Kaiserin Elisabeth versetzte Melena Renner das Publikum. „Sisi“, so der Titel des historischen Romans von Karen Duve, wird hier vor allen als großartige und wagemutige Reiterin portraitiert. Aus der Sicht zweier Hofdamen entsteht ein bestens recherchiertes Bild von einer Frau, die jede Möglichkeit nutzt, um dem strengen Hofprotokoll zu entkommen.

Mit Ulrike Fischer startete der Block mit den Familienromanen: Sie ist als Buchhändlerin über die Neuheiten zur Buchmesse in Frankfurt ja besonders gut auf dem Laufenden und hatte „Verbrenn all meine Briefe“ des schwedischen Autors Alex Schulman ausgewählt. Bei einer Familienaufstellung kommt der autofiktional schreibende Schulman seiner „zerrissenen und glücklosen“ Familie auf die Spur. Am Anfang allen Unglücks steht die ungezähmte Wut des Großvaters…

Viel Diskussionsstoff bot der Debutroman von Daniela Dröscher „Lügen über meine Mutter“. Zena Wiehn konnte den Roman sehr empfehlen. Die Autorin schreibt über das Leben ihrer eigenen Mutter, über deren Kampf ums „richtige“ Gewicht, um ihre berufliche Autonomie und über eine Ehe, die kaum Raum für eigene Bedürfnisse lässt. Das „ganz normale“ Familienleben in den 1970er Jahren wird mit vielen Details aus dem Blickwinkel der Tochter erinnert.

Tina Ellinger hatte sich für den ersten Roman von Dominik Barta „Vom Land“ begeistert und so stand für sie die Herbst-Neuerscheinung „Tür an Tür“ auf der Leseliste.  Diesmal beschreibt der Österreicher das nicht ganz einfache Zusammenleben in einem hellhörigen Mehrfamilienhaus.

Ziemlich hart ins Gericht ging Christine Höller mit Amelie Frieds „Traumfrau mit Ersatzteilen“: Unterhaltsam, sprachlich einfach, aber locker geschrieben, jedoch wird eine sehr klischeehafte Vorstellung über das Leben einer selbstbewussten Frau kurz vor dem 60. Geburtstag aufgetischt.

Eine Zukunftsvision, die den männlichen Machbarkeitswahn aufs Korn nimmt, hat Marianne Natalis als Empfehlung dabei: „Auf See“ von Theresia Enzensberger erzählt von Yada, die mit ihrem Vater auf einer künstlichen Insel lebt. Hier hat sich eine ökologisch orientierte Sekte von der Außenwelt abgeschottet. Eingestreut in die Romanhandlung werden Beschreibungen von weiteren Inseln, bei denen die Menschen - mitunter mit besten Absichten – in die Natur eingegriffen und dennoch ein erschreckendes Szenario hinterlassen haben.

„Frauen, die wandern, sind nie allein“ von Kerri Andrews stand für Kerstin Zels auf der Wunschliste. Sie ist selbst gern mit Rucksack und Wanderstiefeln unterwegs und hat sich mit diesem Buch auf die Spur von zehn berühmten Denkerinnen gesetzt. Zurückversetzt wird man in die Zeitspanne von 1917-1986, muss aber nicht zwingend alle Wanderrouten mitverfolgen: „Ich habe das gelesen wie Kurzgeschichten“, so Kerstin Zels.

Dagmar Bender zeigt sich von Tomi Obaros erstem Roman „Freundin bleibst du immer“ beeindruckt. Drei Freundinnen mit gänzlich unterschiedlichen Lebensentwürfen treffen sich anlässlich einer Hochzeit nach langer Trennung im nigerianischen Lagos. Sie blicken mal zurück auf die gemeinsamen Zeiten als jungen Frauen, mal greifen sie den Faden im Heute auf.  Man lernt Nigeria und den Alltag dort kennen, aber es werden keinerlei Dritte-Welt-Klischees aufgetischt.

Ein einhelliges Urteil, nämlich „lecker“ gab es für Ulrike Zatschkers Kostprobe aus Anna Röpfls Backbuch „Teigliebe“. Rezepte für einfache Kuchen mit Geling-Garantie – so das Urteil von Ulrike Zatschker. Sie hob zudem hervor, dass es für jedes Rezept auch eine vegane Abwandlung in dem ersten Buch der 26-jährigen Foodbloggerin gibt.

 

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