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Literaturcafé zum Bücherherbst in der Stadt- und Schulbücherei diesmal als Ausstellung

Testleserinnen und Testleser gestalteten Buchplakate mit originellen Kritiken

GUNZENHAUSEN – Ein Literaturcafé in der Stadt- und Schulbücherei mit rund 60 Gästen ist derzeit ja nicht möglich. Doch die Testleserinnen und Testleser waren vom „Plan B“ des Büchereiteams begeistert und viele machten mit: Da wurden sehr persönlich gefärbte und umso interessantere Buchbesprechungen geschrieben, Collagen erstellt, gezeichnet und karikiert. So entstanden 18 Plakate mit Besprechungen von Neuerscheinungen des Bücherherbstes.

„Mit spitzer Feder entworfenen Charaktere, die dennoch liebenswert sind“, entdeckte Christine Höller in Kristof Magnusons Roman „Ein Mann der Kunst“. Es geht hier um einen eigenbrötlerischen Künstler, der einen Museumsförderverein kennen und lieben lernt – oder an der Nase herumführt. Unsere Plakatgestalterin fasst es so zusammen: „Geschwätz und Expertise – Angeberei und Eigensinn – Bildungsbürgerliches Milieu trifft auf Großkünstler“.

Unbeugsame Frauen lernt man in Victoria Mas‘ Debütroman „Die Tanzenden“ kennen. Sie sind in der psychiatrischen Abteilung des Pariser „Hospital de la Salpêtrière“ weggesperrt, manche „nervenkrank“, andere passen vielleicht einfach nicht ins Korsett der Konventionen ihrer bürgerlichen Familien. Das Buch zeigt anschaulich, wie im 19. Jahrhundert mit Frauen in psychiatrischen Anstalten umgegangen wurde - so formuliert es Carolin Föttinger in  ihrer Leseempfehlung.

Ein ähnliches Frauenschicksal, aber zu einer ganz anderen Zeit - im Jahr 1503 - greift Alexa Henning von Lange in dem von Gisela Szonn empfohlenen historischen Roman: „Die Wahnsinnige“ auf. 24 Jahre alt ist Johanna von Kastilien, in jungen Jahren schon Mutter von vier Kindern. Auf der Festung la Malta wird sie von ihrer herrschsüchtigen Mutter festgehalten, aber sie weiß sich auf ihre Art zu wehren.

Ein Liebesroman, bei dem man als Leserin die ganze Zeit eingreifen möchte: „Jetzt macht es euch doch nicht so schwer!“ Melena Renner begeistert sich für Sally Rooneys „Ganz normale Menschen“, da es nicht nur um die Liebe geht, sondern auch um Hemmnisse.

Ein Roman zusammengesetzt aus Interviewschnipseln -  kann da eine Handlung spannungsreich erzählt werden? „Ja!“, meint Babett Guthmann, die dem Charme der gefährlichen Pop-Ikone in „Daisy Jones & the Six“ erlegen ist. Ein Buch für Musikfans und auch für Leute, die vielleicht sonst keine dicken Bücher wälzen.

Eine neue isländische Thriller-Trilogie des Autors Ragnar Jonasson hat Birgit Franz entdeckt: Im ersten Fall „Dunkel“ – mit absolut überraschendem Ausgang - nimmt sich die Kriminalkommissarin Hulda kurz vor ihrem Ruhestand noch einen sogenannten „Cold Case“ vor, also einen ungelösten und bereits bei den Akten liegenden Fall. Es geht um den vermeintlichen Selbstmord eines russischen Mädchens.

Cornelia Röhl hat ebenfalls die Neuerscheinung eines nordischen Spannungsautors ausgewählt: Jo Nesbo schreibt in „Ihr Königreich“ eine Familiengeschichte mit Krimi-Elementen oder einen Psychokrimi. Diesmal ohne den mit harten Bandagen eingreifenden Helden Harry Hole.

Der Ehemann macht Hausarbeit im Chanel-Kostüm. Seine Frau plagt sich als Asylrichterin mit Gewissenszweifeln: „Ich entscheide über Glück und Unglück von Menschen!“ Hartmut Röhl empfiehlt den Roman „Die Richterin“ von Lydia Mischkulnig.  

„Ein berührender Roman aus der frühen Geschichte der USA“ – so beschreibt Ulrike Fischer den Roman von Steve Barry „Tausend Monde“. Hier wird die Geschichte eines Lakota-Mädchens erzählt, die von zwei weißen „Adoptiv“-Vätern großgezogen wird. Es geht um Gewalt, um Rassismus, sogar um eine Anklage wegen Mordes.

Was geschieht, wenn eine Ehe auseinanderbricht? Wie wird eine Mutter zweier Kinder fertig mit den Fragen nach der eigenen Identität und dem Wunsch, ein Nest für die Familie zu haben. Magret Thill empfiehlt mit „Danach“ von Rachel Cusk: Es geht auch um Rollenbilder und man kommt nicht umhin, die eigene Rolle zu hinterfragen.  

Eine „enthemmte und zügellose Urlaubswelt“ zeigt der Fotograf Lois Heckenblaikner in dem Bildband „Ischgl“. Jürgen Hubers kritischer Kommentar: „Ein ungeschönter Blick auf eine maximal profitorientierte Urlaubsindustrie außer Rand und Band.“

Zena Wiehn legt sich mit ihrer Kurzbesprechung ins Zeug für das kenntnisreiche Sachbuch „Landleben“. Der Kulturgeograph Werner Bätzing hält das Land mit seinem Traditionen und Kulturlandschaften für unverzichtbar. Da er an der Universität Erlangen als Professor geforscht hat, kennt er auch die Eigenheiten des Frankenlandes besonders gut. Zena Wiehns Urteil: „Landleben – klingt langweilig, ist aber spannend wie ein Thriller!“

Die Welt auf dem Teller“ serviert Doris Dörrie in ihrem neuesten Buch. Für Dagmar Bender sind die Antworten, die die Autorin auf ihrer kulinarischen Weltreise findet, ein Lesevergnügen! Da wird beispielsweise gefragt: Hat Tofu etwas mit Philosophie zu tun? Was ist eigentlich Intervallfasten?

Eine besondere Sammlung mit Gedichten von Autorinnen und Autoren aus 49 Ländern hat Heinz Krug für seine Empfehlung ausgewählt: „Grand Tour – Reisen durch die junge Lyrik Europas“, zusammengestellt von Federico Italiano. Geordnet ist das umfangreiche Buch nach Reiserouten und jede wird in lockerem Ton beschrieben. Natürlich geht es um Begegnungen mit Gedichten, die übrigens in deutscher Übersetzung sowie in der Originalsprache abgedruckt sind. Heinz Krug fasst augenzwinkernd zusammen: „Diese großen Reisen, unterhaltsam und umweltfreundlich, sind nur zu empfehlen. Es droht keinerlei Gefahr durch Diebe, Unwetter oder Viren.

Babett Guthmann

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